Die Grube Messel – Fenster in die Urzeit
Nicht alle wissen, dass es in Darmstadt ein Fenster in die Urzeit gibt. Die Grube Messel bei Darmstadt zählt zu den bedeutendsten Fossilienfundstätten weltweit. Seit ihrer Ernennung zum ersten deutschen UNESCO-Weltnaturerbe im Jahr 1995 fasziniert sie Wissenschaftler und Besucher gleichermaßen. Aktuelle Funde und digitale Innovationen eröffnen neue Einblicke in das Leben vor 47 Millionen Jahren.

Wir können uns am Anfang einen Vulkan und tropischen See vorstellen. Die Grube entstand als Magma unterirdisch mit Grundwasser reagierte, eine oder mehrere Explosionen erfolgten und einen tiefen Krater auslösten. In dieser tieferen Vertiefung bildete sich ein See, der über etwa 1 Million Jahre Bestand hatte.
In der ruhigen, sauerstoffarmen Tiefe des Sees sammelten sich Schlamm, Wasserpflanzen, Tiere und Mikroorganismen an. Ihre Überreste wurden in Ölschiefer konserviert – eine Basisschicht, die heute als Lagerstätte für außergewöhnlich gut erhaltene Fossilien dient.

Ab 1859 wurde die Grube Messel industriell zur Gewinnung von Kohle und Mineralöl aus dem Schiefer genutzt. Aber ab 1884 wurde Ölschiefer aktiv abgebaut. Danach bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Koks, Paraffin, Teer, Benzin und Diesel gewonnen und in den 1920er Jahren machte die Grube bis zu 25 % der deutschen Ölproduktion aus.
Als erstes Fossil wurde im Jahr 1876 ein Alligatoren-Skelett entdeckt. Später folgten Urpferd-Fossilien und erst ab ca. 1900 wuchs das Interesse an den geologischen Schätzen.
Aber im Jahr 1974 wurde die Grube Messel vom Zweckverband Abfallbeseitigung Südhessen gekauft, um sie als Mülldeponie zu nutzen. Die Bevölkerung erfuhr erst durch die Presse von dem Vorhaben. Daraufhin bildete sich in Messel eine Bürgerinitiative, die zu einem langwierigen Gerichtsstreit zur Verhinderung der Mülldeponie führte. Erst in zweiter Instanz erklärte 1988 der Verwaltungshof in Kassel die Errichtung einer Deponie wegen Planungsfehler für rechtswidrig. Das Land Hessen kaufte die Grube Messel 1991 schließlich und stufte sie als hessisches Bodendenkmal ein.

Der Kampf um Erhalt statt Müllkippe hat sich gelohnt, weil im Sommer 2023 Forschern des Hessischen Landesmuseums Darmstadt ein außergewöhnlicher Fund gelang. Es wurde ein gut erhaltenes Fossil eines jungen Urpferdchens in der Grube Messel freigelegt. Besonders bemerkenswert ist der Mageninhalt des Tieres, in dem vier Zähne gefunden wurden – ein bislang einzigartiger Befund in Messel. Die Entdeckung liefert wertvolle Informationen über die Ernährung und Entwicklung dieser frühen Pferdeart.
Die Grube Messel ist nicht nur ein geologisches und paläontologisches Schatzkästchen, sondern auch ein Beispiel für erfolgreichen Naturschutz durch Bürgerengagement und wissenschaftliche Wertschätzung. Sie bietet ein lebendiges Archiv vergangener Tiefen, ermöglicht neue evolutionäre Erkenntnisse und erinnert eindrücklich daran, wie vielfältig und bedroht das frühe Erdklima einst war.



















